Jeder Mensch auf der Welt produziert Müll: die Bananenschale als Biomüll, der Handyakku als Elektroschrott, der Karton als Altpapier oder die Plastiktüte als Recyclingprodukt. Der Müll ist Teil des “städtischen Stoffwechsels”.
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Jeder Mensch auf der Welt produziert Müll: die Bananenschale als Biomüll, der Handyakku als Elektroschrott, der Karton als Altpapier oder die Plastiktüte als Recyclingprodukt. Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie wurde generell viel mehr Müll/Abfall produziert, der noch dazu häufig nur verbrannt werden konnte. Der Grund hierfür: potenziell daran haftende Corona-Viren.
Auch in der Wissenschaft laufen viele Forschungsreihen, die sich mit dem Vermeiden von Müll/Abfall und dem Wiederverwenden von Materialien beschäftigen. Unsere Städte besitzen folglich einen “Urban Metabolism”, auf deutsch “städtischer Stoffwechsel”, der die Umwandlung von Materialien und Energie in einer Stadt bezeichnet.[1]
Geprägt wurde der Begriff von dem deutschen Philosophen und Ökonomen Karl Marx, und zwar bereits im Jahr 1844 in Bezug auf die Umweltsoziologie. Marx machte deutlich, dass wir Menschen von der Natur abhängig sind und sie mit unseren wirtschaftlichen Prozessen schädigen [2]. Das grundsätzliche Konzept des urbanen Metabolismus geht dann den US-amerikanischen Ingenieur Abel Wolman aus dem Jahr 1965 zurück, der zum ersten Mal die Stadt als ein eigenes Ökosystem mit ihren Stoff- und Energieflüssen betrachtet hat [3].
Seit dem 19. Jahrhundert wurden Städte immer wichtiger, weil sie Motor des Wirtschaftswachstums waren und sind. Städte sind ein offenes System, das Energie, Brennstoffe, Rohstoffe, Wasser, Nahrungsmittel und Luft verbraucht. Nach Verwendung dieser Ressourcen entstehen Abfälle, Schadstoffe oder auch Abwässer, sofern sie nicht in Infrastrukturen gebunden werden. Je größer eine Stadt wird – egal ob mit der Erweiterung der Fläche oder der Zunahme von Bevölkerung – desto höher steigt der Bedarf an Ressourcen/Materialien. Durch unterschiedliche Faktoren muss jedoch jede Stadt als Individuum betrachtet werden. Um also den urbanen Metabolismus ermitteln zu können, werden die drei häufigsten Methoden verwendet: Stoffstromanalyse, Adaption des ökologischen Fußabdrucks und Ökobilanz (siehe Blogbeitrag zu HeimatERBE). Dabei geht es immer um die In- und Outputgrößen einer Stadt und das resultierende Ausmaß auf Menschheit und Umwelt.
Um die in Städten entstandenen Probleme zu bewältigen bedarf es Lösungen und realistischer Zielen: effizientere Nutzung lokaler Ressourcen, Verwendung von Recycling-Systemen inkl. Strategien für Abfallvermeidung und -management, Bereitstellung von sauberer Luft und erholungswirksamer Grünflächen, Verringerung der Treibhausgasemissionen und stadtplanerische (Klima-)Anpassungsstrategien. Ebenfalls sollen die riesigen Müllexporte ins Ausland beendet und lokale Recycling- und geschlossene Verbrennungsanlagen verwendet werden. Neue Produktdesigns helfen dabei,wiederverwendbare Materialien attraktiver zu machen.
Vielerorts werden bereits Projekte zum Thema “Müll” in Schulen angesetzt, um das Bewusstsein für “Müll” zu stärken. Egal ob das Aufsammeln von Müll oder die Erlernung von richtiger Mülltrennung, alles hat ein Wirken auf unsere Umwelt. Die dadurch aufgenommen Daten können der Wissenschaft zugutekommen. Durch eine flächendeckende Kartierung können Prozesse zur Müllvermeidung oder Recycling verbessert werden.
Für eine globale Übersicht der unterschiedlichen städtischen Stoffwechselprozesse bietet sich die Plattform “Metabolism of Cities” an. Schaut rein, entdeckt und reichert euch Wissen an. Ein weiterer Literatur-Tipp: Die Seite des Formats “Quarks und Co” zum Thema Müll.
Textautorin: Stephanie Stiehm
lala.ruhr übernimmt mit dem takeover im Januar 2022 drei Wochen lang den Instagram-Account von vier.ruhr, der Allianz der Mülheimer Theater. Unser Thema: der Müllkomplex. Wir nehmen euch mit mit auf eine digitale Reise durch die Region und darüber hinaus – an Orte, an denen etwas aus Müll entsteht oder an denen mit dem gearbeitet wird, was wir umgangssprachlich so bezeichnen. Wir laden dazu ein, auch die Stadtlandschaft der Metropole Ruhr zirkulär zu denken und alle Materialien als ein Teil von Kreisläufen zu entdecken. Das Unternehmen HeimatERBE stellen wir vor, da es sich unter anderem um die Umwandlung von Flächen kümmert, die zuvor in der öffentlichen Wahrnehmung als “nutzlos” angesehen wurden und es Wirtschaftsunternehmen ermöglicht, umweltneutral zu agieren.
vier.ruhr ist die Theaterallianz von Theater an der Ruhr, Mülheimer Theatertage „Stücke“ und Ringlokschuppen Ruhr. Gefördert im Rahmen von NEUE WEGE durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen in Zusammenarbeit mit dem NRWKULTURsekretariat.
Quellen:
[1] Oke, T. R.; Mills, G.; Christen, A.; Voogt, J. A. (2017): Urban climates. Cambridge. https://doi.org/10.1017/9781139016476
[2] Bleher, D.; Öko-Institut e.V. (2017): Ressourcenwirkung des urbanen Metabolismus Ergebnisse von AP 1.1 im Rahmen des UFOPLAN Vorhabens FKZ: 3715 75 122 0. Darmstadt.
[3] Sanches, T. L.; Santos Bento, N. V. (2020): Urban Metabolism: A Tool to Accelerate the Transition to a Circular Economy. In: Filho, W. L.; Azul, A. M.; Brandli, L.; Özuyar, P. G.; Wall, T. (Hg.): Sustainable Cities and Communities. 860-867. https://link.springer.com/referenceworkentry/10.1007%2F978-3-319-95717-3_117