Auf-, bzw. Umbau für die ZU/FLUCHT Freiluftausstellung: Im Rahmen des Projektes erhielten Container, die ursprünglich als Wohnraum für geflüchtete Menschen genutzt wurden, eine neue Bestimmung.
©Natural Building Lab, Berlin
Wir nähern uns dem Abschluss unseres Reise durch den “Müllkomplex”. Unser letztes Thema: Reboot Architecture – zirkuläres Bauen für eine nachhaltige Zukunft unserer Städte. Denn der Großteil der Umweltkosten eines Gebäudes entfällt auf den Materialverbrauch. Der Bausektor produziert dabei enorm viel unnötig anfallenden Müll. Wäre es da nicht sinnvoll, Materialien zu verwenden, die zwar so robust sind, wie herkömmliche Materialien, die man aber mehrfach verwenden kann? Und lassen sich vielleicht sogar aus “Abfällen” neue Gebäude errichten? Ja – Grundlage hierfür bildet die zirkuläre Kreislaufwirtschaft, die es ermöglicht, den wachsenden Ressourcenbedarf dauerhaft und nachhaltig zu stillen. Denn: Abfall gehört nicht in jedem Fall auf die Mülldeponie. Beispielsweise lassen sich aus alten Holzplatten oder Metallen neue Gebäude gestalten und der Lehm als vielseitigen “Kleber” verwenden. Solche Projekte setzt das “Natural Building Lab” (NBL) um, eine universitäre Einrichtung der Technischen Universität Berlin, Das NBL wurde 2017 als Fachgebiet für “Konstruktives Entwerfen und klimagerechte Architektur” unter der Leitung von Prof. Eike Roswag-Klinge gegründet.
Das Natural Building Lab agiert als Teil eines transdisziplinären Netzwerks, das Projekte durchführt, die in der Lehre, Forschung und Praxis Anwendung finden. Besonders liegt ihnen die Arbeit mit Studierenden am Herzen. Das Team besteht hauptsächlich aus Architekt:innen, wird aber bei Kooperationen durch Bauingenieur:innen, Grafikbüros, Landschaftsarchitekt:innen und Kommunikationsdesigner:innen erweitert. Bei ihren Projekten sind Naturbaustoffe, Lehm und der urbane Holzbau klar im Fokus. All diese Materialien werden größtenteils von Abrissgebäuden oder Räumen bezogen, denn nichts darf unnötig weggeschmissen werden.
ZU/FLUCHT Freiluftausstellung:
Das Projekt ZU/FLUCHT steht exemplarisch für die die Arbeit des NBL und wurde als Masterentwurf mit 20 Studierenden der TU Berlin durchgeführt. In einer Kooperation mit der Stiftung Exilmuseum Berlin wurden alte Tempohome-Container (Wohnraum für Zufluchtssuchende) umgebaut und -gestaltet, zu einem außergewöhnlichen Entree für das sich in der Entstehung befindliche Exilmuseum. Der frühere Wohnraum wurde durch die vorhandenen Materialien Metalle (besonders Blech), Wolle und verklebte Materialien modifiziert. Das Projekt soll dazu anregen, besonders die Themen der Materialverschwendung und Wiederverwendung im Bausektor diskutieren. Ziel war es, aufzuzeigen, was mit alten Containern passieren kann, die oftmals hergestellt und nach ihrer primären Nutzung nicht weiterverwendet werden. Von Juni – Oktober 2021 konnte die temporäre Freiluftausstellung am Anhalter Bahnhof Berlin begutachtet werden. Die Planung, Konstruktion und Durchführung umfasste 18 Monate und wurde anhand von zwei Semestern an der TU Berlin durchgeführt.
Gerade in Zeiten der Nachhaltigkeit stoßen solche Projekte auf großes öffentliches Interesse, auch beim Land Berlin. Zirkuläres Bauen liege im Trend und “ich habe das Gefühl, das wird ein bisschen zum neuen Nachhaltig”, sagt Matthew Crabbe, Doktorand am NBL. Die Definition von zirkulärem Bauen laute dabei: Die kreislaufkorrekte Nutzung von Baustoffen und Materialien sowie die Bereitstellung eines langen Lebenszyklus’ derer fördert die Kaskadennutzung. Dabei werden nachwachsende, erneuerbare oder wiederverwendbare Baustoffe benutzt, welche klima- und umweltschonend sind. Die Reduzierung von Abfällen sowie Emissionen stehen klar im Fokus.
Das zirkuläre Bauen wird durch den Ansatz “Cradle to Cradle” (C2C) aus den 1990er-Jahren von Michael Braungart (deutscher Chemiker) und McDonough (US-amerikanischer Architekt) gestützt. Dabei ist von einer durchgängigen und konsequenten Kreislaufwirtschaft die Rede, bei der alle Ressourcen in einem Kreislauf gehalten werden. Die drei Prinzipien von Cradle to Cradle (C2C) sind: Abfall = Nährstoff, oder auch: alles wird als Ressource für etwas anderes konzipiert; Energie aus erneuerbaren Quellen nutzen; Diversität fördern.
Dabei soll die Region Rhein-Ruhr in den nächsten Jahren zu einem weltweiten Zentrum für die Zirkuläre Wertschöpfung („Circular Valley“) werden. Zirkuläre Bauten (Gebäude aus Materialien und Produkten, die nach ihrerer Wiederverwendbarkeit ausgewählt werden) sind in NRW noch nicht weit verbreitet, mit Ausnahme des Kreislaufhauses auf Zollverein in Essen. Das neue zirkuläre Verwaltungsgebäude der RAG-Stiftung und RAG AG liegt auf dem UNESCO-Welterbe Zollverein in Essen. Das Gebäude wurde durch kadawittfeldarchitektur geplant und umgesetzt. Die Materialien wurden nach ihren gesundheitlichen und ökologischen Aspekten sowie der Kreislauffähigkeit ausgewählt. Nach Ende der Lebensdauer des Gebäude soll es als Rohstoffquelle dienen. Auch die Gründächer, die Urban Gardening-Flächen sowie die Tierhabitate sollen für immer beständig bleiben. Außerdem entsteht derzeit in Düsseldorf “The Cradle”, ein siebengeschossiges Holzhybrid-Bürogebäude im Düsseldorfer Medienhafen. Dabei wurde der Carbon-Foodprint schon beim Bau durch den nachwachsenden Rohstoff Holz reduziert. Auch der ökonomische Mehrwert ist durch die Schaffung von Büros gegeben.
Hiermit bedanken wir uns bei der Theaterallianz Mühlheim an der Ruhr für das Takeover ihres Instagram – Kanals! Es hat uns sehr viel Spaß gemacht und wir hoffen, wir konnten den Leser:innen neue Information rund um Abfall und Landschaft nahebringen. Also denkt immer dann reuse, reduse, recycle! Nicht alles was ihr nicht mehr braucht, ist für die Tonne! 😉
Textautorin: Stephanie Stiem
*lala.ruhr übernimmt mit dem takeover im Januar 2022 drei Wochen lang den Instagram-Account von vier.ruhr, der Allianz der Mülheimer Theater. Unser Thema: der Müllkomplex. Wir nehmen euch mit mit auf eine digitale Reise durch die Region und darüber hinaus – an Orte, an denen etwas aus Müll entsteht oder an denen mit dem gearbeitet wird, was wir umgangssprachlich so bezeichnen. Wir laden dazu ein, auch die Stadtlandschaft der Metropole Ruhr zirkulär zu denken und alle Materialien als ein Teil von Kreisläufen zu entdecken. Das Unternehmen HeimatERBE stellen wir vor, da es sich unter anderem um die Umwandlung von Flächen kümmert, die zuvor in der öffentlichen Wahrnehmung als “nutzlos” angesehen wurden und es Wirtschaftsunternehmen ermöglicht, umweltneutral zu agieren.
vier.ruhr ist die Theaterallianz von Theater an der Ruhr, Mülheimer Theatertage „Stücke“ und Ringlokschuppen Ruhr. Gefördert im Rahmen von NEUE WEGE durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen in Zusammenarbeit mit dem NRWKULTURsekretariat.