Wie erklärst du einem Bayern, wie sich Ruhrgebiet anfühlt? An was soll eine Berlinerin denken, wenn Sie Metropole Ruhr hört?
Zugegeben, es war ein frecher Versuch: In zwei Tagen wollte lala.ruhr eine Übersicht über die Narrative des Ruhrgebiets kollaborativ erarbeiten. Die Zwischenbilanz: 60 Menschen, die teilweise simultan auf einer digitalen Pinnwand zusammenarbeiten, können ein strukturiertes Ergebnis erreichen. Im Rahmen des 1. Festivals der Landschaft entstand so eine Landkarte der Ruhrgebiets-Narrative (Das Board ist über Mural hier einsehbar). Abgebildet sind Dinge, die man sich aktuell über das Ruhrgebiet erzählt und – wichtiger – Vorschläge dazu, was einem denn in Zukunft als erstes in den Sinn kommen soll, wenn man ans Ruhrgebiet denkt.
Sehr unterschiedliche Menschen haben an dieser Karte mitgearbeitet: Wissenschaftlerinnen & Aktivisten, Marketeers & Leute aus der Verwaltung, Ruhris & Weltenbummlerinnen. Sie alle haben sich um eine einfache Sprache bemüht, denn das zeichnet Narrative aus: sie sind nicht kompliziert, sondern einfach. Niicht schwerfällig, sondern leicht. Nur so wird es möglich, dass sich Narrative durch weitererzählen schnell verbreiten und irgendwann jede das Gefühl hat, sie habe das schon tausendmal gehört. Auch wenn Narrative recht profan daher kommen, ihre Macht darf nicht unterschätzt werden. Diese Mini-Geschichten stiften Sinn, tragen politische Botschaften, schaffen Identität oder vermitteln moralische Werte. Und so kommt es, dass der Begriff Narrativ in aller Munde ist. Ob Kommunen, Regionen oder Länder, ob Politik, Wissenschaft oder Marketing, alle fordern vehement „neue Narrative”. Meist steckt dahinter der Wunsch, alte unliebsame Narrative über sich selbst loszuwerden und neue Narrative zu prägen.
Aber kann das überhaupt gelingen? Können wir wirklich von oben (oder unten) steuern, was eine große Zahl von Menschen intuitiv als wahr erachtet? Können wir am Reißbrett eine Geschichte erfinden, die so eingängig ist, dass sie sich von selbst verbreitet und in den Köpfen festsetzt?
Auch die Teilnehmenden des Festivals diskutierten (schriftlich und mündlich) über diese Meta-Ebene der Narrativ-Suche. Drei kontroverse Positionen aus der Debatte möchte ich an dieser Stelle ohne Wertung nennen:
Die Suche nach neuen (grünen) Narrativen für das Ruhrgebiet ist für lala.ruhr selbstredend noch nicht abgeschlossen, sie beginnt erst! Im Sinne des Open-Source-Gedankens ist jede:r eingeladen, die Landkarte der Narrative für sich zu nutzen und darauf aufzubauen. Wir freuen uns jederzeit über einen Gedankenaustausch. Schreibt uns an narrativ@lala.ruhr
Text: Matthias Krentzek, mxr storytelling, Team lala.ruhr